In den Osterferien geht es mal wieder in die Nioederlande. Schon letztes Jahr habe ich eine Kanutour in Zeeland unternommen und auch diese Jahr will ich wieder die Kanäle in Walcheren unsicher machen. Bereites vom heimischen Schreibtsich geplant, paddel ich eine Rundtour auf den Kanälen um Middelburg. Mit einigen Hindernissen und teils schwierigen Umtragungen erwartete mich dabei ein echtes Abenteuer.
Früh morgens mache ich mich auf den relativ kurzen Weg, aus unserem Feriendomizil nach Middelburg. Fast am Ziel fällt mir auf, dass ich einen Löffel vergessen habe. Mist. Auch wen es unter 20 km sind, wegen eines Löffel umzudrehen habe ich keine Lust. Ich muss sowieso noch Wasser kaufen und habe Glück, im Supermarkt kann man tatsächlich einzelnes Besteck erwerben. Ich schlage zu und kaufe einen Metall-Löffel mit Plastikstil im Holzdesign zum unschlagbaren Preis von 2,50 €, ein Schnapper!
Weiter geht es, mein Auto parke ich kostenfrei am Parkplatz Stromenweg / Het Zwim.
Das aufgepumpte Kajak verzurre ich auf dem Bootswagen*. Ich werde nicht müde zu betonen wie praktisch das Teil immer wieder ist. 300 Meter Fußmarsch stehen bis zu meiner „Einsetzstelle“ an einer Stauklappe auf dem Programm.
Hier komme ich halbwegs gut ins Boot und habe mir auf meiner Rundtour eine Umtragung gespart. Ich fahre los, durch das leicht in Nebel gehüllte Middelburg. Schnell muss ich unter den ersten Brücken hindurch fahren, diese sind aber allesamt ausreichend hoch. Anfangs führt mich der Kanal an einem Park entlang, dann bin ich plötzlich mitten im Wohngebiet. Urban Paddling mal wieder, ich liebe es.
Ich habe die Tour am heimischen Schreibtisch mit Google Maps geplant. Es folgt eine Brücke, von der ich nicht weiß ob sie hoch genug ist. Auf Maps und Streetview konnte man sie nicht gut einsehen. Es wirkte sehr flach. Ich schaue mich nach potentiellen Ausstiegsstellen um und entdecke ein paar gute Möglichkeiten. Hier könnte ich zur Not raus, das Boot durch die Unterführung tragen und irgendwo hinter der Hauptstraße wieder einsetzen. Aber ich schaue mir die Lage zuerst aus der Nähe an.
Der wuchernde Bewuchs ließ die Brücke so niedrig wirken, ich passe wunderbar hindurch. Auf der anderen Seite der Brücke lande ich in den Gräben der alten Verteidungungsanlage, welche die Innenstand von Middelburg umschließen. Und ich erhasche eine vollkommen neue Perspektive auf die Windmühlen die dort stehen und ein beliebtes Fotomotiv sind.
Der Nebel ist längst verflogen und kurzzeitig dringen einzelne Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Ich genieße das Stadtfeeling und lasse mir hier jede Menge Zeit. Nach 800 Metern biege ich links ab in den Domburgsche Watergang.
Hier hört die Bebauung links recht schnell wieder auf und auch auf der rechten Seite lasse ich schnell die letzten Häuser hinter mir. Vorher gilt es aber noch die offenbar mittellosen Anwohner ob ihres schmächtigen Gartenschuppens zu bemitleiden.
Es folgt eine nächste Brücke und mir fällt auf, dass an sämtlichen Brücken der Pegelstand ablesbar ist. Die Skala ist aber noch oben abnehmend, was mich verwirrt. Später kommt mir in den Sinn, dass diese sich wahrscheinlich auf Normal-Null, also den Meeresspiegel bezieht. Demnach war ich 2 Meter unter dem Meeresspiegel unterwegs. Wie hoch nun aber das Wasser in den Kanälen steht konnte ich mir daraus nicht ableiten.
Nach gar nicht so langer Zeit versperrt mir, wie erwartet, ein erstes Hindernis den Weg. Über die gesamte Breite des Kanals befinden sich automatisch gesteuerte Stauklappen. Am linken Ufer kann ich unerwartet einfach ausstiegen. Für die paar Meter schnalle ich den Bootswagen nicht ab und umtrage das Bauwerk. Der Wiedereinstieg gestaltet sich ein wenig abenteuerlicher, ist aber machbar.
Nun habe ich das Stadtgebiet endgültig hinter mir gelassen und finde mich inmitten von Feldern wieder. Und auch wenn ich hier auf Kanälen unterwegs bin die teils schnurgerade verlaufen, bin ich wieder überrascht wie schön und gar nicht langweilig es durch die Gräser am Ufer wirkt. Letztes Jahr ging meine Kanutour von Middelburg bis hinter das Städchen Veere. Schon damals war ich positiv überrascht, wie natürlich die Kanäle teilweise wirken.
Plötzlich weht mir ein übler Geruch um die Nase, vermutlich hat hier kürzlich ein Bauer sein Güllefass auf den Feldern verteilt. Igitt, schnell weiter! Die ersten Verzweigungen lassen mich in meine Karte gucken, ich will mich ja schließlich nicht verfahren.
Wir nehmen Kurs auf Biggekerke und halten direkt auf eine Selbstbedienungs-Seilfähre für Fußgänger und Radfahrer zu. Auch diese kommt nicht unerwartet, ich habe meine Hausaufgaben im Vorfeld der Tour gewissenhaft gemacht. Notfalls hätte ich über die Plattform der Fähre umtragen könne, die Seile lassen sich aber kinderleicht hochheben und ich schlüpfe samt Boot unten hindurch.
Der Kanal wird nun breiter und ich wunder mich, als meine Finne das erste Mal den Grund streift. Da wird vielleicht irgendwas im Wasser gelegen haben? Ich paddel weiter und wieder setzt die Finne auf. Huch, hier wird es allmählich ziemlich flach und der Grund ist schön moddrig matschig, wie ich mit dem Paddel feststellen kann. Wenn ich hier auflaufe habe ich ein Problem, Aussteigen und Treideln wird ob des Bodens schwierig.
Noch ein paar Mal schleift die Finne über den Grund, dann verengt sich die Breite Stelle wieder und auf der linken Seite wird die Fahrrinne wieder tiefer. Glück gehabt. Beim Nachpaddeln hier besser in Ufernähe halten, damit man nicht inmitten des „Tümpels“ strandet. Weiter geht es und meine vorher ausgeguckte Pausenstelle taucht an der rechten Seite auf. Ich steige aus und schaue mich um. Eine Bank mit Tisch gibt es hier, eigentlich ideal. Aber erstens ist es windig und zweitens bin ich überhaupt noch nicht in der Stimmung für eine Pause. Also fahre ich weiter
Weiter manövriere ich mich und mein kleines Gumotex Swing 1 durch die Gräserlandschaft und erfreue mich der Sonnenstrahlen, welche nun die Wolken vollends zu vertreiben scheinen. An den Kreuzungen muss ich des öfteren anhalten und in die Karte schauen, ich will meinen Abzweig schließlich nicht verpassen. Dann kommt meine Kreuzung und nach 2,2 km auf dem Biggerkeksche Watergang biege ich links ab in Richtung Kouderkerke.
Es kommt ein wenig Wind auf, wie immer beim Paddeln natürlich von vorne. Auf dem stehenden Gewässer muss ich schon ein wenig schuften. Nach einem Kilometer findet die körperliche Anstrengung vorerst ein Ende, die nächste Stauklappe zwingt mich zum Ausstiegen. Ich staune nicht schlecht, das komplette Ufer ist abgeböscht. Wie zum ****** soll ich denn hier rauskommen?
Ich finde einen Ausstieg links an der Brücke. Für die 20 Meter lohnt es sich nicht den Bootswagen zu nutzen, also schulter ich das Boot samt Bootswagen wieder. So langsam bekomme ich Hunger und die kleine Treppe vor der Stauklappe sieht doch recht einladend aus. Ich lege das Boot ab und krame meinen Kocher heraus. Pause!
Gut gestärkt geht es weiter. Der Einstieg gestaltet sich aber als schwierig. Auch hier ist alles abgeböscht und das Rohr welches hier reinführt und ich mir als Trittplattform ausgeguckt hatte ist zu weit in der Ecke. So komme ich nicht ins Boot. Unter eines meiner Videos hat mal jemand kommentiert, dass meine Einstiege immer so abenteuerlich aussähen und warum ich nicht einfach eine Paddelstütze mache. Ich habe geantwortet, dass ich froh bin, beim Einsteigen nicht auf die Paddelstütze festgefahren zu sein, sonst wäre ich an manchen Stellen nicht ins Boot gekommen. Dies ist so eine Stelle. Bevor ich dumm rumexperimentiere entscheide ich mich für den eingesprungenen Hintern-Voran-Einstieg.
Hui, das ist gut gegangen., ich plumpse nicht rein. Aber ich habe wirklich Glück, andersrum hätte ich die Tour nicht fahren dürfen. Ich habe keine Idee wie ich hier hätte Aussteigen sollen. Hätte, wenn und aber, ich fahre sorum wie ich fahre und bislang hat alles funktioniert. Ich freue mich, auch weil der Gegenwind inzwischen wieder so plötzlich verschwunden ist, wie er gekommen war.
Bei Kouderkerke biege ich links ab auf den Valkenisse Watergang und nach der folgenden Brücke entdecke ich ihn.
Den fast schon obligatorischen Ball als Mitbringsel für meinen Sohn. Der wird sich zuhause freuen, wenn ich die fast schon übliche Frage „Hast du mir einen Ball mitgebracht?“ mal wieder bejahen kann.
Die Strecke wird nun etwas weniger schön, die nächsten 1,7 Kilometer paddel ich an der N288 entlang, die doch relativ gut befahren ist.
Das Pflichtprogramm spule ich schnell ab, die Entdeckung von Ball Nummer 2 und Ball Nummer 3 hält die Laune oben, ebenso wie der erste Bunker, der nun am rechten Ufer auftaucht. In Zeeland gibt es eine Menge dieser Bunker, eine Fahrradroute verbindet diese.
Dann folgt das nächste Hindernis, hier komme ich an der hohen Betonkante aber gut raus und auf der anderen Seite ebenso gut wieder rein. Weiter geht es unter einer Brücke hindurch auf die andere Seite der Hauptstraße. Noch wenige hundert Meter und ich biege links ab und kann den Autolärm wieder hinter mir lassen.
Es folgt eine Stelle, die mit einem großen Fragezeichen auf meiner Karte markiert ist. Es kommen wieder Stauklappen, die den Weg versperren. Ob es hier einen passablen Ausstieg gibt, konnte ich am Satellitenbild nicht erkennen. An den Klappen selber ist es eher schwierig, etwas davor am linken Ufer ist kein Bewuchs, dort komme ich raus. Der Einstieg auf der anderen Seite gestaltet sich wieder unkompliziert.
Ich setze wieder ein und der Kanal macht einen Linksknick. Vlissingsche Watergang wird er nun genannt und nebenher führt der Bunkerpad, ein Fahrradweg. Und Bunker gibt es hier wirklich einige. An einem der Bunker soll laut Karte auch eine Picknickbank stehen. Aber erstens befinde ich mich sowieso schon auf der Zielgeraden und zweitens kommt man hier nirgends vernünftig raus. Also kein potentieller Pausenplatz …
Das nächste und letzte Fragezeichen auf meiner Karte folgt. Eine Brücke, die auf Google Maps ziemlich flach gewirkt hat. Und vermutlich auch ohne wirklich geeignete Ausstiegsmöglichkeit. Auch hier gucke ich mir die Lage erst in Ruhe an. Die Brücke ist ausreichend hoch, darunter verläuft allerdings ein Rohr, welches mich zu artistischen Verrenkungen zwingt. Hier auszusteigen wäre schwierig geworden, dann lieber verrenken. Ich passe durch und freue mich abermals, dass bislang alles eigentlich doch recht gut funktioniert hat.
Auf der rechten Seite kann ich die Brandweer erspähen, wenige Meter daneben habe ich geparkt. Einen geeigneten Ausstieg, der nicht auf das umzäunte Gelände der Feuerwache führt, gibt es hier aber nicht. Also paddel ich weiter und bleibe bei Plan A, dem Ausstieg auf der anderen Seite der Stauklappe, an der ich auch eingestiegen bin. Aber Plan A stellt sich auch als eher unkomfortabel heraus, es gibt neben der Klappe zwar einen schmalen Betonvorsprung, insgesamt aber blöd zum Aussteigen.
Ich biege also rechts ab in den Seitenkanal und halte Ausschau nach einer besseren Möglichkeit. Diese finde ich im am rechten Ufer. Perfekt!
Ein paar Meter muss ich das Boot noch zum Parkplatz zurückkarren (erwähnte ich schon wie praktisch der Bootswagen* ist?) und kann dort in Ruhe abbauen, zusammenpacken und mich auf den Weg zurück in unser Feriendomizil machen. Was eine tolle Tour!